Out of Africa

Es war 2000 als diese Geschichte ihren Anfang nahm. Und wie in dem gleichnamigen Film ist es eine Liebesgeschichte, voll Emotionen und Resentiments, mit einem etwas traurigen, aber keineswegs tragischen Endes.

Es begann in Holland, wo der Rhodesian Ridgeback Weltkongress 2000 stattfand und zu dessen Abschluß es die große Niederländische Clubschau gab. Ein tolles Austellungsgelände, internationale Beteiligung und die Anwesenheit von etwa dreihundert Rhodesian Ridgebacks aus aller Welt gaben dem Ganzen ein besonderes Flair. Ich freute mich auf den Bewerb erstens um all die tollen Hunde zu sehen, zu gustieren, Deckrüden für die östereichische Zucht zu finden, und zweitens um selbst auch auszustellen, hatte ich doch einen jungen Rüden aus meiner Zucht mit nach Holland gebracht. Die Besitzer des Rüden "Chipangali`s Kamani", Fam. Weissböck hatten mir den Hund anvertraut, da sie selbst aus familiären Gründen nicht nach Holland fahren konnten.

Ich war zugegebener Maßen etwas aufgeregt, den in uns gesetzten Erwartungen zu entsprechen. Kamani hingegen blieb völlig gelassen und entspannt und so gelang es ihm die englische Richterin Ann Woodrow derart von sich einzunehmen, dass sie Kamani zum Sieger der Jugendgruppe kürte. An zweiter Stelle platzierte sie einen Rüden aus Südafrika namens "Pronkberg Renga of Clachan" und von ihm handelt diese Geschichte. Nein, es war nicht die berühmte Liebe auf den ersten Blick, dazu war mein Blick viel zu sehr von Kamani gefangen. Eine ganze Weile durften oder mussten wir uns den Fotografen stellen und so kam ich mit dem Besitzer des Zweitplatzierten ins Gespräch. Natürlich, jetzt fiel es mir ein, das war doch Scotty Stewart, der uns vor zwei Tagen seinen eindrucksvollen Video-Vortrag über die Ridgebacks im Krüger Nationalpark und in der Karoo gehalten hatte.

Der Rüde an seiner Seite war ein muskulöses Kraftpaket und seine Bewegungen waren leicht und geschmeidig, was auch die Richterin als besonders positiv an ihm bewertet hatte. Je länger ich ihn ansah, desto besser gefiel er mir. Als Scotty dann noch erwähnte, dass er Schwierigkeiten hätte mit dem Rücktransport seiner Hunde, da er überraschender Weise noch nach Schottland müsste um Familienangelegenheiten zu regeln war mein Entschluß gefasst. Könnte man nicht..., wäre es denkbar... Scotty schien zu überlegen, schrieb sich Telefonnummer und Adresse auf und meinte er würde "think it over". Drei Tage später stand er vor meiner Tür, mittels Leihwagen angereist! Er habe alles bedacht, die Abstammung studiert, die Möglichkeiten überprüft und nun sei er zu dem Schluß gekommen, den Rüden für einige Zeit auf Zuchtmiete dazulassen wäre für alle eine gute Sache.
 
Wir diskutierten und verhandelten die halbe Nacht, und als Scotty anderntags abreiste hatte ich einen Leasing Vertrag in der Tasche und einen verdutzten Rüden an der Leine.
Renga sollte also für sechs Monate bei mir bleiben und sinnvoll für die Zucht eingesetzt werden. Meine Ridgeback Damen empfingen das neue temporäre Rudelmitglied mit unterschiedlichen Gefühlen. Saba die ältere wollte gar nichts von ihm wissen, sie hatte gerade Welpen und von "Männern" und deren Folgen die Nase voll. Dementsprechend unherzlich war ihr Empfang für Renga. Jamie hingegen, deren Läufigkeit sich schon seit ein paar Tagen ankündigte empfing ihn überschwänglich, teils aus sexuellem Interesse und teils als willkommene Abwechslung da ihre Mutter sich derzeit nicht als Gefährtin für ihre Aktivitäten gewinnen ließ.    

Die ersten Tage waren ein einziges Bewachen des Rüden. Nachdem Renga seinem abreisenden Herrn zwei Stunden lang suchend nachgeweint hatte, blickte er mich lange an, heftete sich dann an meine Fersen und ließ mich nicht mehr aus den Augen. Und ich ihn nicht aus meinen! Renga war ein jagdlich geführter Hund, scharf auf alles was sich bewegt und bei uns bewegt sich so ziemlich alles was man sich vorstellen kann. Sieben eigene Katzen, unzählige aus der Nachbarschaft, Gänse, vier Nachbarshunde, Pferde...

Nicht zu vergessen eine achtköpfige Welpenmeute und ein damals zehnjähriges Kind.
Jamie wurde als sie die Option erkannte sofort läufig und ich hastete mit Renga zum Röntgen und bemühte den Zuchtausschuß sich meines Plans anzunehmen. Alle waren äußerst hilfsbereit und setzten sich wo es ging ein und so war es möglich in kürzester Zeit allen Anforderungen für einen Deckakt zu entsprechen.

Den Rüden ließ das Gerenne kalt, er schien vollauf zufrieden zu sein wenn er in meiner Nähe war. Und er war absolut bemüht mir meine Wünsche zu erfüllen. Bereits am dritten Tag kannte er unsere Katzen und ließ sie unbehelligt aus und eingehen! Auch die beiden Rüden meiner Nachbarn strafte er nur mehr mit Blicken, ein Lob von mir schien ihm mehr Wert zu sein, als das kurze Vergnügen die beiden hinter deren Zaun zurückzujagen.

Schon nach kurzer Zeit kehrte eine gewisse Normalität ins Haus zurück, obwohl es täglich etwas an und mit meinem Hundegast zu entdecken gab. Renga benahm sich als befände er sich in einem Buschcamp, saß mitten am Küchentisch ,zugegeben der übersichtlichste Platz, man kann so aus beiden Fenstern sehen und hat auch noch die Tür im Visier. Einen Besucher inspizierte er indem mit einem Riesensatz über den Tisch und aus dem Fenster hechtete - das dort vorgespannte Fliegengitter hinderte ihn nicht im geringsten, er riss es einfach aus und trug es wie einen etwas steifen Brautschleier um den Hals.

Speziell unsere Wanderungen in den Bergen wurden zum Abenteuer. Renga sah,
roch, hörte und bemerkte einfach alles. Jeder Muskel an ihm war gespannt und er war bereit auf das leiseste Zeichen hin zu explodieren. Obwohl er nie zuvor eine Gemse oder ein Murmeltier gesehen hatte ordnete er sie sofort als Beute ein und drängte mich mit flehenden Augen doch endlich aktiv zu werden. Er wies mich in einer sehr eindeutigen Art auf das Wild hin, trat dann etwas zurück und wartete darauf dass ich endlich zum Schuß käme.

Da ich weder den Willen noch die Befähigung zur Jagd habe und sich unsere Wanderungen hauptsächlich im Nationalpark abspielten, enttäuschte ich den Rüden täglich, noch mehr als ich ihm auch sein Bitten, es ihn doch wenigstens allein versuchen zu lassen, wenn ich schon nichts zu Wege brächte, abschlagen musste. Im Park gab es eben nur begrenzten Freilauf an der zehn Meter Leine.

Die Aufmerksamkeit des Rüden war beeindruckend, er schien mit allen Fasern auf der Hut vor möglichen Gefahren zu sein, und seine Reaktionen waren unbeschreiblich rasch und reflexartig. Bei einem unserer Ausflüge lag ein etwa 20 cm langes Kreuzotter-Baby auf dem Weg welches ich erst bemerkte als mir Renga mit einem Satz vor die Füße sprang und mich keinen Schritt weitergehen ließ, bis er sicher war, dass ich die Gefahr erkannt habe. Einmal trank Renga am Teich als ein zutraulicher Karpfen der den Hund erst im letzten Moment bemerkte und durch seine Flucht Wasser aufspritzte, was Renga
reflexartig hochschnellen und gut drei Meter weiter weg landen ließ. Einem Krokodilangriff wäre er mit dem Sprung mit Sicherheit entkommen.

Inzwischen war Jamie am Höhepunkt ihrer Hitze und obwohl beide Hunde noch Anfänger waren klappte alles lehrbuchmäßig. Renga hatte bis zum richtigen Zeitpunkt der Hündin zwar zart den Hof gemacht, sie aber weder belästigt noch herumgeweint, er ließ sie einfach in Ruhe. Ich verlor diese beinahe, hatte zuwenig Vertrauen in die perfekten Instinkte meiner "Liebenden", hatte Angst er würde nicht decken und verfluchte meine Leichtsinnigkeit es mit zwei Anfängern versuchen zu wollen. Die Hunde hatten jedoch keinerlei Probleme und wussten einfach was wann zu tun war. Als Jamie sich nach zwei Decktagen am dritten Tag verweigerte akzeptierte das der Rüde sofort und ohne dass die Hündin hätte grob werden müssen. Er verlegte sich wieder auf Ohrenschlecken und Kontaktliegen.

Sabas Welpen begannen ihre Radien auszudehnen und kamen erstmals in Kontakt mit dem Rüden, den die Hündin inzwischen akzeptiert hatte und ihn schon mal die Babies in der Wurfkiste anschauen ließ. Er machte das aber immer voll Spannung ängstlich darauf bedacht nicht den Unmut der Mutter heraufzubeschwören. Sein Verhalten den Welpen gegenüber war wie aus Eberhardt Trumlers Hundeverhaltens-Lehrbüchern. Er putzte die Kleinen, Sabas ebenso wie später seine eigenen, spielte mit ihnen, begann sie zu erziehen. Wenn die Meute lästig wurde sprang er behände auf den Gartentisch und ließ von dort die Kleinen nicht aus den Augen. Den vielen Besuchern während dieser Zeit trat er zwar aufmerksam aber ohne jede Aggression gegenüber, was mir nicht so selbstverständlich erschien, hatte er doch ein Rudel mit Welpen zu verteidigen. Selbst als wir Besuch von Kadani, einem zweijährigen Ridgebackrüden und seiner Familie bakamen gab es keinerlei Schwierigkeiten. Ulli, Kadanis Besitzerin und ich arrangierten das erste Treffen der Rüden außerhalb des Gartens auf "neutralem" Boden, trafen allerlei Vorbereitungen damit alles glatt ginge, wurden aber nur von zwei Hundeaugen-Paaren tadelnd angeblickt. "Wir wissen doch längst was ihr beiden von uns erwartet" schienen sie zu sagen. Und tatsächlich gingen die beiden Rüden wichtigeren Dingen, wie dem Erneuern der Duftmarken entlang des Nachbar Grundstückes nach. Kadani, der sein Frauli ebenso anbetet, verzichtete einfach darauf das Geburtsrecht in diesem Haus geltend zu machen und so hatten die beiden dann viel Spaß bei ausgedehnten Spaziergängen.

Langsam leerte sich das Haus wieder bis auf drei Welpen einen Rüden und zwei Hündinnen. Da der kleine Rüde schon sehr bald ziemlich dominantes Verhalten an den Tag legte, wollte ich ihn nicht an Hunde-Anfänger vergeben. Eine Hündin sollte vertragsgemäß nach Afrika gehen und eine Hündin wollte ich selbst behalten. Die sechsköpfige Ridgeback Bande brachte meinen Haushalt ganz schön in Turbulenzen, manchmal schien es, sie wollten das kleine Haus aus den Angeln heben.
Als der Winter kam und sowohl die Welpen als auch mein Afrikaner den ersten Schnee ihres Lebens sahen, begann eine wilde Zeit für die drei. Sie tobten und spielten stundenlang im Schnee, konnten nun endlich überall frei laufen und auch die beiden Mutterhündinnen machten wieder mit.

In all der Zeit war Renga absolut menschenfreundlich, stellte nie auch nur annähernd die Rolle meines zehnjährigen Sohnes innerhalb des "Rudels" in Frage. Er war in allen Belangen unglaublich instinktsicher und hatte noch viel von dem "sechsten" Sinn der uns allen aus den alten Ridgeback-Geschichten bekannt ist. Kaum ein Besucher konnte sich dem Charme und der Ausstrahlung Rengas entziehen, ja bis hin zu ernsthaften Versuchen den Rüden zu kaufen, koste es was es wolle, kamen vor. Sicher auch ich war nicht frei von diesen Gedanken, habe manche Nacht darüber gegrübelt. Aber wie ich schon zu Beginn sagte, es handelt sich um eine Liebesgeschichte und im Namen dieser Liebe konnte ich ihm das nicht antun. Ihm das wilde Leben das er gewohnt war, die Jagd in seinem Gebiet das in jeder Richtung zwanzig Kilometer weit Buschland ist, zu nehmen und es gegen die Enge und Kleinheit der europäischen Verhältnisse und Gesetze einzutauschen, wäre purer Egoismus nicht aber Liebe zu ihm gewesen. Machen wir uns nichts vor, auch wenn er nicht in der "Dogs-Bar" aus zwanzig verschiedenen Leckerli-Sorten auswählen, nicht im Lederhundebett feudal schlafen kann, und wegen einer Zecke zum Tierarzt gebracht wird und Lachsöl für den Fellglanz bekommt, den Glanz in den Augen, die unbändige lebendige Freude, das tun zu können was des Hundes ureigenste Bestimmung ist, nämlich Jagen, Pirschen, Beutemachen, können wir mit all dem Luxus des modernen Hundelebens einfach nicht aufwiegen.

Am 25. Jänner 2001 flog Renga in Begleitung seiner Tochter Madhana zurück nach Südafrika zu seinem Besitzer. Madhana lebt im Krüger-Nationalpark bei dem Ranger Jako Blankenhorst, einem "dogs-man" der besonderen Art, mit dem vier-jährigen Rüden Juba, der ein wesentlicher Lehrmeister der Kleinen ist. Sie mache sich gut, habe gute Instinkte könne im Busch leben, schreibt Jako.Was mehr kann sich das Züchterherz wünschen, als dass nach all den Generationen in Europa es möglich ist nach Afrika zurückzukehren und dort in der Wildnis zu bestehen. Dort wo unsere geliebte Rasse ihren Ursprung hat, das zu tun wofür sie damals gezüchtet wurden und noch heute gezüchtet werden sollten. Für den Gebrauch, für die einmalige Möglichkeit an der Seite dieser Hunde die Natur zu erleben, Abenteuer zu bestehen und nicht nur um im Show-Ring Schönheitspünktchen zu sammeln!

Einige Spuren Rengas sind verblasst, das Gras, das an seiner bevorzugten Markierstelle nachwächst, die vielen Kleinigkeiten die an ihn erinnerten. Andere sind geblieben. Acht mit meiner Hündin "Chipangali`s Jamasawazi" und zehn mit der Hündin "Ayaba`s Nandi" von Ina Blagojevic in Kroatien. Und viele, viele in meinem Herzen...

Wurfplanung 2020




Leider ist auf Grund der Umstände für 2020 bei uns kein Wurf geplant.






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